Eine Pandemie und ihre Folgen….

Seit der Öffnung Nepals für ausländische Touristen (1950er Jahre) hat die Tourismusbranche noch nie eine solche Katastrophe erlebt. Seit März ist der Tourismus komplett zum Erliegen gekommen und tausende Nepalesen sind arbeitslos. Die Folgen der Corona Krise sind weitaus schlimmer als nach der Erdbebenkatastrophe 2015. Bislang wurden in Nepal 48138 SARS-CoV-2-Erkrankungen nachgewiesen. Aber die Menschen haben viel mehr Angst davor zu verhungern, als an Corona zu erkranken. Die strikten Massnahmen der Regierung, um die Verbreitung des Virus einzudämmen, stossen bei einem Teil der Bevölkerung auf Missfallen. Daher versammelten sich letzte Woche rund 800 Demonstranten in Lalitpur, um gegen Nepals strenge COVID-19-Auflagen zu demonstrieren. Jedoch steigt die Zahl der Corona- Erkrankungen täglich und die Krankenhäuser sind schon lange am Limit. Am Flughafen Kathmandu soll der internationale Flugbetrieb in wenigen Tagen wieder aufgenommen werden. Allerdings werden nur wenige Flüge stattfinden und diese sind Nepalesen, Diplomaten und Vertretern von grossen, internationalen Hilfsorganisationen vorbehalten. Touristen ins Land zu lassen ist bis auf Weiteres nicht vorgesehen. Das bedeutet, dass nun auch die Herbstsaison ausfallen wird und die Menschen weiterhin ohne Einkommen sein werden. Es ist eine Tragödie unmenschlichen Ausmasses und viele Nepalesen sehen als einzigen Ausweg den Suizid. Darunter Mütter, die aus purer Verzweiflung auch die Kinder mit in den Tod nehmen. Laut der nepalsischen Tageszeitung „Kathmandu Post“ begingen während des Lockdowns im März, April und Mai etwa 1200 Menschen in Nepal Suizid.

Das Einreiseverbot für Touristen trifft auch die Bevölkerung von Rapcha hart, denn viele Dorfbewohner verdienten sich als Träger, Köche oder Guides ein existenzsicherndes Zusatzeinkommen. Dazu kommt bei vielen eine Schuldenlast, da nach der Erdbebenkatastrophe im Jahr 2015 die meisten Häuser entweder aufwändig saniert oder teilweise neu aufgebaut werden mussten. Nun muss mit dem Wenigen, das die Ernte hergibt die gesamte Familie ernährt werden.

Wie uns Erzieherin Narmaya Rai aus Rapcha berichtete, wird nun auch die Bevölkerung in den dünn besiedelten Gegenden auf COVID-19 getestet. Dafür musste sie gemeinsam mit anderen Dorfbewohnern den beschwerlichen und langen Fußmarsch nach Phaplu in Kauf nehmen. Wann die Test ausgewertet werden und wie sicher das Testergebnis sein wird, konnte man uns bis jetzt nicht sagen.

Der Bauarbeiten der Mädchenunterkunft wurden aufgrund des Lockdowns eingestellt. Wann die Handwerker den Innenausbau weiterführen dürfen, ist derzeit nicht bekannt. Mit der Eröffnung des Gebäudes hat es aber keine Eile, denn die Schulen in Nepal sind seit März geschlossen und es ist bisher nicht absehbar, wann ein Schulbetrieb wieder möglich sein wird. Zu gerne wären wir wie geplant im Oktober nach Rapcha gereist, um das Gebäude einzuweihen und uns mit der Dorfgemeinschaft auszutauschen.  Das Gesundheits-Camp, welches im selben Zeitraum hätte stattfinden sollen, wurde auf nächstes Jahr verschoben. Wir hoffen, dass die Menschen in Nepal zuversichtlich bleiben, es fällt ihnen aber zusehends schwer, da kein Ende der aussichtlosen Lage in Sicht ist. Nach der Erdbebenkatastrophe mussten sie rausgehen, den Schutt wegräumen und ihre Häuser wieder bewohnbar machen. Jetzt in der Coronakrise heisst es „warten“ auf bessere Tage, die hoffentlich bald kommen  werden.