Neuigkeiten aus Nepal

Sehr geehrte Unterstützer, liebe Vereinsmitglieder!

Am Sonntag sind Fabian Schulte Terboven, Benjamin Albrecht und Renate Kotz aus Nepal zurückgekehrt. Hier ein  Reisebericht von Vereinsgründerin Renate Kotz:

„Still und ruhig liegt er vor mir und tut so, als ob nichts passiert wäre. Der Himalaya-Gebirgszug  präsentiert sich stolz und schön wie immer und sein Anblick lässt mich sentimental werden. Kaum vorstellbar, welch große Katastrophe dieses wunderschöne Land heimgesucht hat, aber die Berge schweigen dazu und zeigen sich von der schönsten Seite. Wir sind auf dem Weg nach Rapcha. Meine Reisebegleiter sind Fabian, welcher bereits letztes Jahr mit mir in Rapcha war und Benjamin. Wir wollen unser Partnerbergdorf besuchen und einen kleinen Teil der gesammelten Spendengelder in bar überreichen sowie über das Konzept zum Wiederaufbau mit der Dorfgemeinde diskutieren. Was uns wohl erwarten wird? Ich habe mich sehr auf diese Reise gefreut und bin jetzt meinem Ziel so nahe. Nur noch ein eineinhalbtägiger Fußmarsch trennt mich vom Dorf.

Von Kathmandu aus startet der Flug nach Phaplu am frühen Morgen und wir erreichen die kleine Stadt in den Bergen nach einem kurzen Flug. Ab nun geht es zu Fuß weiter. Unser Team erwartet uns bereits. Kaspir, Ramesh, Ganesh, Bikash und Sunbagda – allesamt aus dem Dorf Rapcha, werden uns die nächsten Tage begleiten. Sie werden die Campingausrüstung und unser Gepäck tragen, werden uns bekochen, die Zelte auf- und abbauen, sie werden dafür sorgen, dass es uns an nichts fehlen wird. Unseren Freund Pancha, welcher unser Guide sein wird, haben wir bereits am Vortag in Kathmandu getroffen und er ist mit uns nach Phaplu geflogen. Von 2413m geht es zu Fuß steil bergauf  bis wir das Hochplateau Ratnangi Danda erreichen. Dieses liegt auf 3200m und wird für die heutige Nacht unser Zeltplatz sein. Das Wetter ist gut, die Stimmung auch und so machen wir uns auf den Weg.  Steil windet sich der Pfad durch die Wälder und wir sind dankbar für jede Pause. In Ratnangi Danda angekommen können wir uns für den Rest des Tages von den Strapazen erholen.

Am nächsten Morgen stehen wir vor Sonnenaufgang auf, um zu einem Aussichtspunkt in der Nähe des Camps zu wandern. Von dort aus kann man den Mt. Everest sehen – zwar nur die Spitze – aber immerhin! Nach dem Frühstück geht die Wanderung nach Rapcha weiter. Vom Hochplateau aus marschieren wir auf der anderen Seite des Berges über 1400 Höhenmeter hinab. Der Weg führt durch Wälder, über Bäche, Felsen, Steine,…ist teilweise sehr rutschig und man muss gut aufpassen, wohin man seine Füße setzt. Als wir am späten Nachmittag endlich unser Ziel erreichen ist die Freude bei allen Beteiligten groß. Jedoch haben wir schon auf dem Weg ins Dorf viele Häuser gesehen, die schwer unter den Erdbeben gelitten haben. Morgen wollen wir uns ein genaueres Bild davon machen.

Am nächsten Tag bekommen wir die Auswirkungen des langen Abstiegs vom Vortag zu spüren. Wir haben alle einen Riesenmuskelkater! Aber es hilft nichts, wir müssen unsere Beine bewegen, wenn wir zu den einzelnen Häusern und der Schule des Dorfes gelangen wollen, denn in Rapcha gibt es keine Strasse. Also machen wir uns auf den Weg und was wir auf dem Erkundungstrip zu sehen bekommen, macht uns sehr betroffen und traurig. Keines der Wohnhäuser in Rapcha ist unbeschadet geblieben. Riesige Risse und Löcher durchziehen die Fassaden oder die Häuser sind komplett zusammengebrochen.  Bei jedem Haus steht im Garten eine provisorische Notunterkunft, welche mit unseren Spendengeldern errichtet wurden. Darin schlafen die Bewohner. Sie halten sich nur während des Tages in ihren Häusern auf um zu Kochen und zu Essen. Übernachten wollen sie darin nicht. Sie haben zu große Angst davor, dass das Gebäude während des Schlafens einstürzen könnte. Wir wandern weiter zur Shree Basakhali Secondary School. Auch dort bietet sich uns ein Bild der Zerstörung. Die ältesten Gebäude der Schule waren schon vor den Erdbeben nicht mehr nutzbar, doch nun sind auch die neueren Klassenräume nicht mehr sicher. Wir treffen Herrn Kumar, den Direktor der Schule. Mir scheint es, als ob er seit unserem letzten Treffen vor einem Jahr um 10 Jahre gealtert ist . Am Nachmittag besuchen wir die Krankenstation des Dorfes. Sie wurde erst vor zwei Jahren eröffnet und hat nur wenige Risse in der Fassade, welche bereits repariert wurden. Mit all diesen Eindrücken wandern wir zurück zu unserem Zeltlager und beraten uns, wie wir die bisher gesammelten Spendengelder sinnvoll verwenden können.

Jedes Wohnhaus in Rapcha zu reparieren oder neu zu bauen würde die Summe von etwa € 600 000,- ausmachen. Das ist von unserer Seite aus leider nicht finanzierbar. Und nur einige Wohnhäuser zu sanieren wäre gegenüber den restlichen Dorfbewohnern, welche leer ausgingen, nicht fair. Wir einigen uns darauf, dass wir Projekte unterstützen, welche allen Dorfbewohnern zugänglich sind. In erster Linie betrifft das die Schule. Wir haben uns mit Herrn Kumar geeinigt, dass wir auf jeden Fall die Finanzierung von zwei neuen Klassenräumen übernehmen werden. Darüberhinaus werden wir ein Traineeprogramm zur erdbebensicheren Bauweise bereitstellen. Dafür sollen Fachleute aus Kathmandu nach Rapcha kommen und die Dorfbewohner darüber informieren, wie sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ihre Wohnhäuser stabiler aufbauen können. Und als dritten Punkt haben wir beschlossen, dass wir in der Nähe der Schule einen Kindergarten bauen werden. Die Gelder für die Finanzierung haben wir bereits fast zur Hälfte gesammelt und einem Start des Projektes steht nichts im Wege. Die Klassenräume sowie der Kindergarten werden erdbebensicher gebaut.

Am nächsten Tag stand uns ein großes Willkommensprogramm bevor. An der Schule wurde ein kleine Bühne aufgebaut und wir wurden feierlich mit Blumenketten und Katas in Empfang genommen. Es war ein schöner Tag und ich war von der Herzlichkeit und Dankbarkeit der Dorfbewohner sehr gerührt. All das Leid und den Kummer, welchen sie in den letzten Monaten ertragen mussten… für mich nicht vorstellbar. Und trotzalldem haben sich die Menschen ihren Humor und ihre Zuversicht nicht nehmen lassen. Sie blicken nach Vorne und nicht zurück. Freuen sich über jeden Tag, an dem sie etwas zu Essen und einen sicheren Platz zum Schlafen haben. Ich verneige mich vor diesen Menschen und bewundere ihre Zuversicht und ihren Optimismus.

Leider mussten wir am nächsten Tag Rapcha verlassen. Gerne wären wir etwas länger dort geblieben. Der Rückweg nach Phaplu war lang und mühsam, aber wir hatten uns das Ziel gesetzt, den Fussmarsch nach Phaplu an nur einem Tag zu bewältigen. Wir mussten unbedingt den Rückflug am nächsten Morgen von Phaplu nach Kathmandu erwischen. Nach schier endlosen Stunden des Wanderns erreichten wir endlich unser Ziel. Es war ein Gewaltsmarsch und alle waren dementsprechend erledigt. Pancha meinte, wir können sehr stolz auf unsere Leistung sein, denn normalerweise schaffen nur die Nepalis die Strecke an einem Tag!

Unser Flug von Phaplu nach Kathmandu startete erst, nachdem sich der Nebel in Kathmandu verzogen hatte. Gegen Mittag erreichten wir unser Hotel und erholten uns von dem anstrengendem Marsch des Vortags, kauften einige Souvenirs und schrieben Postkarten an die Daheimgebliebenen. Tags darauf, es war unser letzter Tag in Nepal, wollten wir verschiedene Orte in Kathmandu besuchen. Als erstes fuhren wir zum Boudnath Stupa. Leider hat auch hier die Erdbebenkatastrophe seine Spuren hinterlassen. Er wird derzeit renoviert und ich hoffe, dass er bald wieder in seinem alten Glanz erstrahlen kann, denn der Boudnath Stupa ist für mich der schönste Platz in ganz Kathmandu. Am Nachmittag spazierten wir zum Durbar Square. Leider ist von den schönen Pagoden und Tempeln wenig übrig geblieben.

Am nächsten Tag machten wir uns auf die Heimreise nach Deutschland. Der Kopf war voll mit Eindrücken, Bildern und Emotionen und wenn ich ein Fazit aus der Reise ziehen soll, dann lautet es: wir machen weiter! Wir werden uns auch zukünftig für die Verbesserung der Lebensumstände der Dorfbewohner einsetzen, denn der Wille der Menschen dort ist ungebrochen!“

* Alle Kosten der Reise wurden mit privaten Mitteln finanziert.