Eröffnung des Kindergartens

Renate Kotz und Markus Lackner sind mit wunderbaren Neuigkeiten aus Nepal zurückgekehrt. Der neue Kindergarten von Rapcha und das wiederaufgebaute Schulgebäude wurden in einer feierlichen Zeremonie eröffnet. Hier der Reisebericht von Renate Kotz:

Am 22.11.2017 machte ich mich gemeinsam mit Herrn Markus Lackner, Kassenwart des Vereins, auf die weite Reise ins ferne Nepal. Wir trafen uns am Flughafen Frankfurt mit Herrn Alan Rexroth, Kameramann und Regisseur. Herr Rexroth begleitete uns auf dieser Reise, um über das Dorf Rapcha, seine Bewohner und unsere Projekte dort einen kleinen Dokumentarfilm zu drehen.

Am Folgetag landeten wir spät nachmittags in Kathmandu und unser Freund Pancha erwartete uns bereits. Eine Nacht mussten wir noch warten und im Hotel verbringen bevor es am nächsten Morgen endlich hiess: „AUF NACH RAPCHA!“ Ich konnte es kaum erwarten.

Frühmorgens flogen wir von Kathmandu nach Phaplu. Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie abgelegen dieser kleine Flughafen mitten in den Bergen Nepals liegt. Ein Teil unseres Teams aus Rapcha erwartete uns bereits und es gab ein grosses Hallo. Schnell wurde noch ein kleines Frühstück eingenommen, Kameramann Alan legte sein Equipment zurecht und schon waren wir auf dem Weg bergauf nach Ratnangi Danda, dem Gebirgskamm, auf dem wir unsere Zelte aufschlugen und übernachteten, bevor wir am nächsten Tag den langen Abstieg nach Rapcha bewältigen mussten. Die Nacht auf Ratnangi Danda war eisig kalt und ich mochte am nächsten Morgen so gar nicht aus meinem warmen Schlafsack kriechen, um den Sonnenaufgang zu bestaunen. Jedoch hat es sich – wie immer – mehr als gelohnt! Der Blick auf die Gebirgsketten ist einfach traumhaft!

Am späten Nachmittag und einem schier endlosem Marsch stetig bergab kamen wir endlich im Dorf an.  Freudig wurden wir von Panchas Bruder Chandra und dessen Familie willkommen geheissen. Wir bezogen unsere Zelte und ruhten uns von den Strapazen der letzten zwei Tage aus.

Mein erstes Ziel am nächsten Tag war natürlich der neue Kindergarten von Rapcha. Wie sehr hatte ich mich darauf gefreut, endlich persönlich davor zu stehen! Ich kannte das Gebäude mit all seinen verschiedenen Bauphasen bereits aus Panchas regelmässigen Berichten und hatte zahlreiche Bilder über die Fortschritte vom Bau erhalten. Aber endlich konnte ich ihn mit meinen eigenen Augen sehen. Nun stand ich also an der Stelle, wo mein Mann Achim und ich im Mai 2016 den Grundstein für diesen Kindergarten gelegt hatten und war sprachlos. Das Gebäude ist wunderschön geworden. Man merkt sofort, dass darin mehr steckt, als reine Arbeitskraft. In dieses Gebäude hat jemand sehr viel Herz gelegt, das sah man auf einen Blick. Wie sehr ich mit dieser Vermutung recht hatte, sollte sich in den nächsten Tagen bestätigen. Ananda Rai, der Bauleiter des Kindergartenprojekts kam und sperrte uns die Tür auf, damit wir auch von Innen alles besichtigen konnten. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Nein, dass der Kindergarten SO schön geworden ist, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet! Die Räume sind gut aufgeteilt und wohl durchdacht. Die Baumaterialien sogfältig gewählt und verbaut. Es gibt sogar Fliesen an den Wänden der Sanitärräume. Soetwas hat Rapcha noch nicht gesehen!

Auch das wiederaufgebaute Schulgebäude wurde in Augenschein genommen und auch da muss ich sagen, dass die Handwerker sehr gute Arbeit geleistet haben. Die Schüler der Shree Basa Khali Secondary School hatten sogar schon ein „Graphity“ an die Fassade geschrieben. „I love School!“ Von mir aus, darf das gerne dort stehen bleiben.

Am nächsten Tag fand das Meeting mit dem Team statt, welches für das wiederaufgebaute Schulgebäude verantwortlich ist. Es gab einige Probleme während der Bauzeit. Unter anderem erkrankte unser Bauleiter Prasna Rai schwer und fiel für längere Zeit aus. Seinen Job übernahm Herr Assarman Magar, der zusätzlich zu seinem eigenen Bauprojekt nun also auch noch unseres betreuen musste. Er erzählte, dass es äusserst schwierig war, gute Handwerker zu finden, da derzeit ein regelrechter Bauboom in der Region herrscht. Viele renovieren ihre Privathäuser oder bauen neu, deshalb sind auch die Löhne für die Arbeiter extrem gestiegen.  Dann kam auch noch eine schier nicht enden wollende Regenzeit hinzu und auch der Winter war sehr kalt und nass, was die Bauarbeiten noch mehr verzögerte. Die gleichen Probleme gab es auch beim Kindergartenbau. Der Schuldirektor Kumar Shrestha, verantwortlich für die Kosten beider Gebäude, teilte mir mit, dass alle offenen Rechnungen beglichen sind. In der weiteren Diskussion mit den Teilnehmern des Meetings wurde auch über zukünftige Projekte gesprochen. Es wurde der Wunsch nach einem Schülerheim für 80 Schüler geäussert. Diese Kinder haben meist einen sehr beschwerlichen und teilweise auch gefährlichen Schulweg. Ihnen soll die Teilnahme am Unterricht erleichtert werden, in dem sie in der Woche im Schülerheim wohnen können. Für mich macht dieser Wunsch Sinn. Viele Kinder, welche die Schule in Rapcha besuchen, haben teilweise einen anstrengenden Fußmarsch von drei Stunden hinter sich. Oft sind sie dann zu müde, um den Lernstoff aufzunehmen. Und wenn sie nach Schulschluss nach Hause hetzen, bleibt abends nicht mehr viel Zeit, um zu lernen. Was diese Kinder alles auf sich nehmen, nur um in die Schule gehen zu können ist für uns nur schwer vorstellbar.

Das Meeting mit dem Kindergarten-Komitee war für den folgenden Tag angesetzt. Ananda Rai, Bauleiter des Kindergartengebäudes hielt eine sehr berührende und emotionale Rede, welche ich hier gerne wiedergeben möchte:

„Ich hatte vor vielen, vielen Jahren einen Traum. Und zwar den Traum von einem Kindergarten für die Kinder von Rapcha. Durch die finanzielle Unterstützung von Re:Help haben wir gemeinsam diesen Traum verwirklicht. Nun stehe ich hier im Kindergarten von Rapcha und bin unglaublich dankbar dafür, dass mein Traum wahr geworden ist. Für mich ist dieses Gebäude mehr, als nur ein Kindergarten! Für mich ist es der Schlüssel zu einer besseren Zukunft für unsere Kinder in Rapcha. Ich war über achzig Mal in den Wäldern von Rapcha, um Holz für diesen Kindergarten zu schlagen. Die Baumstämme mussten an einen trocknen Ort transportiert werden, um dort zu lagern. Anschließend wurde das Holz von Hand zu Brettern geschnitten und zur Baustelle getragen. Ich habe jeden Handgriff der Handwerker persönlich überwacht. Jeder einzelne Stein für das Mauerwerk wurde von Hand geklopft werden und unzählige Arbeitsstunden stecken in diesem Gebäude. Wir haben bis zur Fertigstellung ca. 1500 Handwerker benötigt. In diesem Bau steckt mein Herz drin. Und vielleicht habe ich das Glück, dass ich noch 15 – 20 Jahre lebe. Dann wünsche ich mir, dass ich im Kindergarten vorbeischauen und erleben darf, wie unsere Kinder in ein besseres Leben starten.“

Ananda stand vor mir und ich spürte, wie sehr ihn dieses Projekt gefordert hatte. Aber nicht, weil wir es von ihm verlangten. Er selbst hat an sich und seine Arbeit einen so hohen Anspruch gestellt, dass er nun, da diese Aufgabe – seine Lebensaufgabe – vor dem Abschluß stand, seine Emotionen nicht zurückhalten konnte. Tränen liefen ihm die Wangen hinunter, er setzte sich und sank in sich zusammen. Danke Ananda! Ich glaube, an dieser Stelle ist alles gesagt. Ich war zu zutiefst gerührt und alle Beteiligten im Raum waren still.

Ein wichtiger Punkt des Meetings war die Ausbildung der Erzieherinnen. Da es im ländlichen Nepal noch keine Kindergärten dieser Art gibt, sollen die Erzieherinnen eine Zusatzausbildung in Kathmandu absolvieren, um Ihre Fähigkeiten und Kenntnisse zu verbessern. Der Kindergarten von Rapcha ist der erste Kindergarten im Solukhumbu und somit auch ein Vorzeigeprojekt. Jedoch ist noch einiges zu tun. Die Außenanlagen des Kindergartens müssen noch gestaltet werden. Ein kleiner Garten und ein Spielplatz sollen angelegt werden und ein Zaun soll das Grundstück einrahmen. Das alles wird Re:Help finanzieren.

Am letzten Tag unseres Aufenthalts in Rapcha stand die feierliche Eröffnung des Kindergartens und des Schulgebäudes an. Dazu eingeladen waren die Abgeordneten des Schulministeriums, Kommunalpolitiker, die lokale Presse sowie die Dorfbewohner aus Rapcha und den umliegenden Gemeinden. In einer wunderschönen Zeremonie wurden beide Gebäude für den Betrieb freigegeben und das Rahmenprogramm dauerte bis zum frühen Abend. Emotionale Reden wurden gehalten und die Dankbarkeit der Dorfgemeinschaft gegenüber den Mitgliedern und Spendern von Re:Help war stets zu spüren. Eine besonders schöne Aufgabe hatte ich an diesem Tag noch vor mir. Der Kindergarten meiner Heimatgemeinde Zellberg hatte mir eine Tasche voller warmer Strickmützen, Handschuhen, Socken, Schals, etc. mit auf die Reise nach Nepal gegeben. Die Sachen überreichte ich bei der Eröffnung des Kindergartens an die Kinder. Was für eine großartige Aktion! Vielen Dank nochmals an alle Mütter, Omas, Tanten,….die so fleissig gestrickt und gehäkelt haben! Die Kinder haben sich soooooo sehr darüber gefreut! Für mich war dieser Tag einfach unglaublich. Die Kinder hängten mir wunderschöne Blumenketten um den Hals und die Menschen applaudierten. Dabei ist das alles gar nicht mein Verdienst. Mein Dank geht an die Menschen von Rapcha, die wissen, dass eine gute Bildung der Weg aus der Armut ist. Ohne ihren starken Willen zur Veränderung wäre das alles nicht möglich gewesen. Tausend Gedanken kamen mir in den Kopf, als ich auf der Ehrentribühne sass. Wie schön wäre es, wenn alle Spender aus Deutschland und Österreich jetzt hier wären und erleben könnten, wie sehr sich alle über den neuen Kindergarten und das Schulgebäude freuen! Ich kann nur sagen: Jeder einzelne Spendeneuro wurde zu hundert Prozent in die Zukunft der Kinder von Rapcha investiert und ich danke jedem einzelnen Spender von Herzen dafür! Und natürlich danke ich auch Pancha für seine wunderbare Arbeit als unser Projektkoordinator! Ich denke, wir können alle sehr stolz auf die Ergebnisse sein, die wir gemeinsam erreicht haben.

Und der Kameramann Alan Rexroth? Er war gut beschäftigt in all den Tagen und versuchte mit viel Feingefühl und Spürsinn den Menschen die Scheu vor der Kamera zu nehmen. Er führte unter Zuhilfenahme eines Übersetzers  viele Interviews mit den Dorfbewohnern und ich denke das Ergebnis – auf welches ich mich schon sehr freue – wird sich sehen lassen können. Auf jeden Fall hat er sich in Rapcha sehr wohl gefühlt und war von der Gastfreundlichkeit und der Herzenswärme der Dorfbewohner begeistert.

Und sonst? Im Dorf hat sich Einiges getan seit meinem letzten Besuch im Mai 2016. Herr Assarman Magar wurde offiziell zum „Leader of Rapcha“ für die nächsten zwei Jahre gewählt. Somit werden zum ersten Mal verwaltungs-ähnliche Strukturen sichtbar. Die meisten vom Erdbeben zerstörten Häuser wurden wiederaufgebaut bzw. repariert. Viele Dorfbewohner nahmen dafür einen Bankkredit auf. Die Zinsen dafür sind jedoch horrend hoch. Sie liegen zwischen 15% bis 20%. Die Ernte war sehr ertragreich und die Dorfbewohner haben ihre Vorräte aufgestockt. Somit sollten alle gut versorgt über den bevorstehenden Winter kommen.

Der Abschied vom Dorf ist mir so schwer wie noch nie gefallen. Viele Menschen dort sind mir mittlerweile ans Herz gewachen. Die kleine Jenni zum Beispiel. Sie hatte eine furchtbare Hautkrankheit und keine Behandlung- nicht einmal in Kathmandu- konnte ihr helfen. Aber als ich sie jetzt wiedersah, war die Krankheit wie durch Zauberhand verschwunden und sie strahlte mich mit ihren großen, braunen Augen an. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir auch Utrarmaja Bika. Sie stammt aus der Kaste der Unberührbaren und ist ein Mitglied des Kindergarten-Komitees. Von Anfang an begegneten wir uns auf Augenhöhe und sie hat sich sehr darüber gefreut, dass ihr jüngstes Kind den neuen Kindergarten besuchen darf und sich bei mir dafür bedankt. Mir bleibt an dieser Stelle nichts anderes, als diesen Dank an Sie – liebe Mitglieder und Unterstützer/Innen – weiterzugeben.

Durch Ihre finanzielle Unterstützung haben wir gemeinsam den Grundstein für eine bessere Zukunft für die Kinder von Rapcha gelegt. Ich danke Ihnen von Herzen dafür!

Renate Kotz

Anmerkung: alles Reisekosten aller Beteiligten sowie das Honorar für Herrn Rexroth wurden aus privaten Mitteln bezahlt.